Tuesday, 3 July 2007

Die schlesischen Weber

Im düstren Auge keine Träne,
sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne:
"Deutschland, wir weben dein Leichentuch,
wir weben hinein den dreifachen Fluch -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten
in Winterskälte und Hungersnöten;
wir haben vergebens gehofft und geharrt,
er hat uns geäfft und gefoppt und genarrt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,
den unser Elend nicht konnte erweichen,
der den letzten Groschen von uns erpresst
und uns wie Hunde erschiessen lässt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
wo nur gedeihen Schmach und Schande,
wo jede Blume früh geknickt,
wo Fäulniss und Moder den Wurm erquickt -
Wir weben, wir weben!

Das Schiffchen fliegt, der Webstuchl kracht,
wir weben emsig Tag und Nacht -
Altdeutschland, wir weben Dein Leichentuch,
wir weben hinein den dreifachen Fluch,
Wir weben, wir weben!"

Heinrich Heine, 1853

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